Chronik

Chronik 100 Jahre

vom damaligen TTV zum heutigen GSV Bielefelder Taubstummen-Turnverein gegr. 24. Nov. 1912 (TTV)

seit 1938 Bielefelder Gehörlosen-Turnverein gegr. 1912 (GTV)

seit 1961 Bielefelder Gehörlosen-Sportverein 1912 (GSV)

seit 1983 Gehörlosen-Sportverein Bielefeld 1912 e.V. (GSV)

seit 1990 Gehörlosen-Sportverein Bielefeld 1912 und Ostwestfalen-Lippe e.V. (GSV)

Prolog:

1819 bis 1842 war die Zeit der Turnsperre auf Grund eines Erlasses des Königs von Preußen. Im Zuge der schrittweisen Lockerung wurde dann im Jahre 1848 in Bielefeld ein Turnverein (für Hörende) gegründet. Nach und nach kamen weitere Turnvereine hinzu, so dass man im Jahre 1912 bereitsein halbes Dutzend zählte. Vermutlich waren nur ganz wenige Taubstumme in den Vereinen der Hörenden aktiv.  1893 wurde in Bielefeld der erste Taubstummen-Verein gegründet:

Der Taubstummenverein „Ravensberg“ Bielefeld hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Taubstummen in Not und Krankheitsfällen zu unterstützen.

Wie es zur Gründung des Taubstummen-Turnvereins kam . . .

Im Jahre 1912 lebten in Bielefeld – in der schönen Stadt am Teutoburger Wald – etwa 80 bis 100 Taubstumme, von denen ungefähr die Hälfte im Taubstummenverein „Ravensberg“ organisiert war. Bis dahin hatten die Taubstummen keine Gelegenheit, im Kreise ihrer Schicksalsgenossen zu turnen bzw. zu spielen und dadurch „recht frohe und gesunde“ Menschen zu werden. Von Turnen, Spiel und Sport unter den Taubstummen war bis dahin auch keine Rede gewesen, obgleich mancher von ihnen in Bielefeld wohl Lust dazu gehabt hätte. Es fehlten eben die Anregung dazu sowie ein Anführer, der dies in die Hand nahm.

Im Sommer 1912 trat ein junger Gehörloser, Reinhold Hüntzsch, dem Taubstummenverein „Ravensberg“ bei. Er war als eifriger Turner und langjähriges Mitglied in der (hörenden) Bielefelder Turngemeinde „BTG von 1848“ aktiv. Er und die gehörlosen Geschwister Karoline und Oskar Kienitz sowie die Schwestern Johanna und Frieda Böcker formulierten die Absicht, eine Taubstummen Turnabteilung ins Leben zu rufen. Dieser Plan fand viel Beifall unter den jugendlichen Taubstummen aus Bielefeld. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen erklärte in einer Liste den Beitritt zu einem zu gründenden Taubstummen-Turnverein.

Wie gerufen kam ein zugereister fremder Taubstummer aus Prag – Richard Pollatschek –, der als früheres Vorstandsmitglied des Magdeburger Taubstummen-Turnvereins (gegr.1906) mit der Leitung eines Vereins vertraut war.

Er engagierte sich für die Vereinsgründung in Bielefeld. Er beherrschte die Gebärdensprache und war intelligent – der passende Mann für die Vereinsgründung.

Am Samstag, den 24. November 1912, berief er zu einer Versammlung im Lokal des Herrn Kopp an der Herforder Straße (gegenüber der Kreissparkasse) ein. Neun Herren und sechs Damen waren erschienen. Sie waren von seiner Rede über Zweckturnen so begeistert, dass sie alle als Mitglied dem neu gegründeten Verein beitraten. Ein Vorstand wurde gewählt: Vorsitzender wurde Richard Pollatschek und Schriftführer Reinhold Hüntzsch. Dann wurden noch das „Eintrittsgeld“, die regelmäßigen Versammlungstermine (jeden 2. Sonnabend im Monat) und für die Turner, deren Damen und Freunde die Sonntagabende für gemütliches Beisammensein im Restaurant Kopp als vorläufiges Vereinslokal festgelegt.Zum Schluss forderte der 1. Vorsitzende Richard Pollatschek zum festen und treuen Zusammenhalten auf.

Mit einem dreifachen „Gut Heil“ wurde die Gründungsversammlung geschlossen.

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Der Verein bis zum Beginn des Weltkrieges . . .

Bald nach der Vereinsgründung entstand die Damenturnabteilung.

Bei der 1. ordentlichen Versammlung am 7. Dezember1912 wurden Heinrich Mumme zum 2. Vorsitzenden und Fritz Ruthe zum Kassierer gewählt. Nun galt es, eine Turnhalle zum Üben zu bekommen. Die ersten Turnstunden fanden an den Freitagabenden vorläufig in dem Tanzlokal „Zum Siegfried“ in der Siegfriedstraße statt. Die Turngeräte dort gehörten dem Arbeiter-Turnverein „West“, welcher das Angebot machte, dass der Taubstummen-Turnverein dort als Abteilung beitreten kann. Dies erübrigte sich aber, da auf Antrag des Taubstummen-Turnvereins die Stadt Bielefeld die Nutzung der Turnhalle der Bosse-Schule genehmigt hatte. Die Taubstummen wollten lieber unter sich turnen als mit Hörenden zusammen. Sie fühlten sich im Kreise der Schicksalsgenossen zwangloser. Der Schriftführer Reinhold Hüntzsch wurde Turnwart und Hans Haertel Gerätewart. Die Damen turnten seit Ostern 1913 unter der Leitung von Martha Böcker (hörend). Dienstags und freitags fanden die Turnabende in der Turnhalle statt. An Sonntagen wurden Wanderungen unternommen. Im Februar 1913 wurde das erste größere Fest – das Kappenfest – im Vereinslokal gefeiert, welches sehr lustig verlief.

Der Verein wuchs stetig an neuen Mitgliedern und verfügte bald über eine Anzahl guter Turner, hervorzuheben sind die Herren Oskar Kienitz und der Däne G. Svensson. Auch Spiel und Sport wurde getrieben und ein Faustball angeschafft, mit dem eifrig auf der Ochsenheide geübt wurde. 1913 nahmen beim Deutschen Turnfest in Leipzig (mit 63.000 männlichen aktiven Teilnehmern) zum ersten Mal Taubstumme teil. Erstmalig trafen hier Taubstumme aus ganz Deutschland zusammen. Reinhold Hüntzsch belegte beim Turnen der Taubstummen den 4. Platz, ein schöner Erfolg für den Bielefelder Taubstummen-Turnverein. Das 1. Stiftungsfest im November 1913 konnte im Konzerthaus gefeiert werden, bei dem die Turner und Turnerinnen ihr Können zeigten und viel Beifall von hörenden Gästen erhielten. Auch wenn es im Verein nicht immer friedlich zuging, war im Allgemeinen der Zusammenhalt gut.

Im Jahr 1914 fing der 1. Weltkrieg an . . .

und brachte dem Verein viel Unruhe. Die Mitglieder wurden nicht zum Militärdienst eingezogen und litten nicht unter Arbeitslosigkeit. Richard Pollatschek ging 1914 wegen des Krieges zurück nach Prag. Oskar Kienitz leitete den Verein bis 1919.Wegen des Krieges musste er nach Dortmund ziehen. Dort half er schon 1917 bei der Gründung des Taubstummen-Turnvereins (heute GTSV Dortmund) und  leitete dort zwei Jahre lang 20 Turner. Da auch Reinhold Hüntzsch Bielefeld vorübergehend verlassen musste, wurde Paul Steffen 1920 Vorsitzender.

Anschließend übernahm Reinhold Hüntzsch die Verantwortung als Vereinsvorsitzender bis 1923. Oskar Kienitz kehrte dann zurück und führte wieder den Verein. Auch einige Turnbrüder waren weggezogen, so wurden die Turnabende immer schlechter besucht, mit nur 6 – 7 Turnern. Wegen Kohlenmangels konnte die Halle oft nicht geheizt werden. Man hatte mit schweren kriegsbedingten Problemen zu kämpfen wie zum Beispiel, dass Nahrungsmittel knapp wurden oder nur gegen Marken erhältlich waren. Nur mit Mühe gelang es dem Vorsitzenden Oskar Kienitz, die Mitglieder beieinander zu halten. Zeitweise musste der eigene Turnbetrieb eingestellt werden. Man turnte beim Männerturnverein Bielefeld als Riege mit. So konnte das Vereinsleben und der Verkehr mit den Brudervereinen aufrechterhalten werden. Die Kreisturntage und Kreisturnfeste des Westkreises wurden regelmäßig beschickt und es wurde manch’ schöner Sieg errungen. Die Faustballmannschaft holte sich sogar die Bezirksmeisterschaft bei den Hörenden im Südbezirk des Minden-Ravensberger Turngaues.

Im Jahr 1918 endete der 1. Weltkrieg . . .

Nach der schwierigen Kriegszeit wurde der volle Turnbetrieb wieder aufgenommen. Der Verein hatte durch seine Erfolge und gute Vereinsführung einen guten Ruf, so dass ihm 1919 die Ausrichtung des Verbandstages vom Verband Deutscher Taubstummen-Turnvereine übertragen wurde. Der Verband wurde in Bielefeld wiedergegründet und zum Verband Deutscher Taubstummen-Turn- und Sportvereine umbenannt. Es kam auch zu einer endgültigen Verschmelzung zwischen dem 1910 gegründeten Verband und dem 1913 gegründeten Ausschuss zur Förderung des Turnens unter den Taubstummen. Im folgenden Jahr musste die Turnhalle dem Arbeiterturnverein „West“ überlassen und in die Halle am Klosterplatz umgesiedelt werden, die mehr im Zentrum der Stadt lag.

Beim 1. Deutschen Taubstummen-Turn- und Sportfest 1920 in Erfurt nahmen sieben Mitglieder teil, die 3 Siege im Zwölfkampf holten und auch Deutscher Taubstummen-Faustballmeister wurden. Viele weitere Erfolge folgten.

Die Faustballmannschaft wurde bis 1934 noch fünf Mal hintereinander Deutscher Meister. Sogar an den 2.Taubstummen-Weltspielen 1928 in Amsterdam/Holland nahm unser Manfred Wienold teil und gewann die Silber-Medaille beim Kunstturnen und belegte den 4. Platz beim 400-m-Lauf. Mehrfach wurde das Vereinslokal gewechselt: Von Kopp zu Ravensberger Hof, 3 Kronen, Zum Kronprinz und schließlich 1921 zum Restaurant Burmester (später Hüttemann) an der Gütersloher Straße in Bielefeld-Gadderbaum. Die Vereinsfeste fanden bei Nerlich am Bürgerweg (heute Stapenhorststraße) oder in der Stadthalle statt.

1922 gründete der Verein nach den bestehenden Turn-/ Leichtathletik- und Faustballabteilungen die Wanderabteilung,

1928 die Handballabteilung (Feldhandball, nur für kurze Zeit) und – vermutlich – 1932 die Schwimmabteilung.

1925 wurde über die hohe Arbeitslosigkeit unter den Mitgliedern geklagt. Auch in der Zeit nach dem Einbruch der schwierigen Weltwirtschaftskrise 1929 mit der hohen Arbeitslosigkeit (1932: 75% der Gehörlosen!) konnten viele Mitglieder die Monatsbeiträge nicht zahlen, so beschloss der Vorstand 1930 für diese die Beitragsbefreiung.

1931Die Weihnachtsfeier musste ausfallen.

1932 wurde die Teilnahme am Deutschen Turn- und Sportfest 1933 (von Hörenden) in Stuttgart aus finanziellen Gründen abgesagt. In dieser Zeit war es für die Gehörlosen sehr wichtig, ihr Gemeinschaftsleben zu pflegen. „… Und so, Ihr jungen und alten Turner und Turnerinnen im Bielefelder Taubstummen-Turnverein, haltet fest zusammen, erfrischt Körper und Geist durch Turnen, Spiel und Sport, so werdet Ihr einen gesunden Körper und ein frohes Herz behalten immerdar!“

Reinhold Hüntzsch (Zitat aus der Festschrift „20 Jahre Bielefelder Taubst. Turnverein“,1932)

20jahrejubilaeumtbstbielefeld

Obere Reihe von links: Herr Vogelsang, Heinrich Kienitz, Reinhold Hüntzsch, Erich Gresselmeier, Alwin Faust und Heinrich Gieselmann
Zweite Reihe von links: Walter Brinkmann, Alwin Möller, Paul Filges, Willi Mühlenstedt, Heinrich Kündahl, Wilhelm Fischer, Fritz Lohmann, Franz Buttkus und Hermann Wendt
Dritte Reihe von links: Minna Beyer, Herr Niehage, Klara Büscher, Frieda Rixe, Anna Windmann, Anna Quermann, Frieda Schoregge, Hilde Tietze, Anna Pfuhl und Manfred Wienold
Sitzend von links: Gustav Mumme, Gustav Wilkenhöner, Hermann Schwarzbich, Oskar Kienitz, Fritz Ruthe, Frieda Kienitz, HeinrichPotthoff und Wilhelm Schoregge

Wer bei Austritt rückständige Beiträge nicht zahlt, wird auf schwarze Liste der Tbst.- (Taubstummen-) Sportzeitung gesetzt. Wer im Jahr nie beim Turnen gefehlt hat, erhält eine Aufmerksamkeit vom Verein 2 Mark (1928/30). Soviel kosteten damals weiße lange Turnhosen oder ein Paar Sportschuhe.

Das waren Zeiten !!! Und später:

1947: für das große Fest zum 35-jährigen Bestehen musste als „Lustbarkeitssteuer“ und Verlängerung der Polizeistunde bis 6 Uhr früh 149 RM (Reichsmark) gezahlt werden. Für den frühen Morgen wurde ein Bus bestellt, der die Besucher zum HBF (Hauptbahnhof) brachte. Verlosung bestand aus freiwilligen Spenden. 800 Brötchen wurden verputzt, Belag (Aufschnitt für die Brötchen) auf dem Schwarzmarkt organisiert und vom Versorgungsamt erbettelt.

Das dritte Reich 1933 bis 1945 . ..

Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten gab es eine große Umstellung für die Vereinsführung. Der Vorstand konnte für viele Jahre keine freien Entscheidungen für den Verein treffen. Es war die Rede von „Gleichschaltung“ und einer Namensänderung in „Turnabteilung der Ortsgruppe“. Der Verein wurde offiziell am 7. Januar 1934 der Ortsgruppe zu Bielefeld unterstellt. Der Bielefelder Gehörlosen-Turnverein, umbenannt vermutlich im Jahr 1938 (statt Taubstumme nun Gehörlose), musste sich der Nazi-Regierung unterordnen, um zu überstehen.

Es war eine Bescheinigung über die Anerkennung als Sportverein von dem Bezirksbeauftragten des Reichsportsführers erforderlich, um den Verein führen zu können. Die noch existierende Bescheinigung war offiziell für die Sportarten Turnen, Leichtathletik, Schwimmen und Wandern ausgestellt und für den Zeitraum 1938/39 gültig.

bescheinigungnazifizierung

Die beginnende Nazifizierung und die damit entstehende Bedrohung in den 30er Jahren beeinflusste den Gehörlosen- Sport jedoch nur unwesentlich, der Sportbetrieb ging trotzdem weiter. Beim Sport gab es keine wertvollen Preise zu gewinnen, denn Pokale und Plaketten waren Mangelware. Die Sieger bekamen nur einen schlichten Eichenlaubkranz oder einfache Urkunden verliehen. Bittschreiben an die damaligen Machthaber um Stiftung von Ehrenpreisen wurden abgelehnt. Auch Anträge um Unterstützung wegen des 25-jährigen Vereinsbestehens (mit Faustballturnier) im Jahr 1937 fanden kein Gehör. Die Taubstummen wurden in diesen Jahren nicht besonders gut behandelt.

25jahrestiftungsfest

                                            Überreicht vom Deutschen Reichsbund für Leibesübungen zum 25-jährigen Stiftungsfest im Jahr 1937

1939 wurde die Turnhalle wegen Verdunkelung und wegen Nutzung als Militärquartier vorläufig geschlossen. Auch wurde der Sportplatz Olderdissen vorübergehend von der SA belegt.Im Jahr 1940 wurde im Protokollbuch sogar die Gründung einer Skiabteilung erwähnt, aber darüber gibt es keine weiteren Berichte oder Fotomaterial. Die Herren gründeten im gleichen Jahr die Kegelabteilung, die außer in den Jahren

1944 bis 1946 und 1962 bis 1964 bis zum Jahr 1992 existierte.

1941 wurde die Fußballabteilung gegründet. Nur zwei Jahre später war diese gezwungen, sich wegen mangelnden Schuhwerks aufzulösen. Man spielte weiter Faustball. Kriegsbedingt wurde 1942 nur eine kleine 30-Jahr-Feier durchgeführt. Dadurch, dass Gehörlose nicht zum Kriegsdienst heranzogen wurden, lebte der Gehörlosen-Sport trotz Einschränkungen auch im 2. Weltkrieg weiter.

Ein schwarzes Kapitel schrieb das Jahr 1944. Die letzte Vereinsversammlung fand im Juni 1944 statt. Der Vereinsbetrieb wurde eingestellt.

Nach dem 2. Weltkrieg . . .

Im Sommer 1946 wurde der Verein neu aufgebaut, und Wilhelm Fischer löste den 1. Vorsitzenden Oskar Kienitz nach 23 Jahren ab. Die Alliierten beschlagnahmten das Vereinsvermögen für eine kurze Zeit. Der Krieg verursachte Hunger und Wohnungsnot. Die aus dem Osten gekommenen Gehörlosen hatten eine andere Tradition. Es war eine schwere Aufgabe, für den Zusammenhalt der Gehörlosen-Gemeinschaft zu sorgen. Auch war der Wunsch der jüngeren Gehörlosen nach einer Fußballabteilung groß, doch die Vereinsführer der Nachkriegszeit wollten lieber die altgewohnten Sportarten erhalten. So gründeten deshalb die Bielefelder Sportler in Herford den Gehörlosen-Fußball-Club TEUTONIA Herford 1946 (heute GSV Herford). Manfred Wienold, der Bielefelder Gehörlosen-Nationalsportler von 1928, übernahm dort den Vorsitz. Anfang 1947 meldete Oskar Kienitz die Vereinsunterlagen als verloren. Das Vereinslokal Hüttemann war durch Spreng- und Brandbomben total zerstört. Damit ging auch der Vereinsschrank mit den vielen Erinnerungen aus der Vereinsgeschichte verloren.

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                                           Die Ehrenpreise vor dem Weltkrieg leider sind diese Ehrenpreise verschollen.

Im gleichen Jahr übergab Wilhelm Fischer nach nur einem Jahr den Vorsitz an Walter Kreft, der ihn auch nur bis zur Währungsreform im Sommer 1948 innehatte. Danach übergab er das Amt wieder an Wilhelm Fischer. Das Vereinsleben kam allmählich wieder in Bewegung.

35jahrestiftungsfest

Am 13. September 1947 wurde ein großes „35-jähriges Stiftungsfest“ gefeiert. Der Sportbetrieb wurde mit Faustball und Kegeln langsam wieder aufgebaut. Jedes Mitglied musste auch Holz zum Heizen mitbringen. Die Sportstunden wurden schlecht, die Kegeltermine dagegen gut besucht. Um die Turnhalle wieder benutzen zu können, wurden die Kriegsschäden von unseren Mitgliedern ausgebessert.

1948 wurde die Turnhalle dann wieder freigegeben, aber eine 200-Watt-Glühbirne musste selbst mitgebracht werden. Das Deutsche Gehörlosen-Turn- und Sportfest in Mülheim wurde wegen der Währungsreform gestrichen. Dann nach 12 Jahren fand das erste Mal nach dem Krieg das Deutsche Gehörlosen-Sportfest 1949 in Bad Vilbel bei Frankfurt am Main statt, an der einige unserer Sportler teilnahmen. Leider konnten die ostdeutschen Sportler sich nicht daran beteiligen.

ehrenpreisenachweltkrieg

                                           Ehrenpreise nach dem Weltkrieg

1949 wurde die Jugendabteilung ins Leben gerufen, in der, die Sportförderung der Jugendlichen und die Freizeitangebote für sie im Vordergrund standen. Das Vereinslokal wechselte in die Gaststätte Heidekrug.

1952 wurde die Schachabteilung „Königsspringer“ vom Gehörlosenverein „Ravensberg“ in den Bielefelder Gehörlosen-Turnverein übernommen. Die Schachabteilung war bereits 1942 von Oskar Punschke gegründet worden. So sicherten die Schachspieler ihre Teilnahme an den überörtlichen Wettkämpfen. Durch die Gebrüder Oskar und Hermann Punschke, zwei bekannte Schachspieler, wurden viele Erfolge nach Bielefeld geholt.

Das 40-jährige Bestehen des Vereins wurde am 14. Dezember 1942 im Lokal Wiethüchter gefeiert.

1954 wurde Oskar Punschke zum 1. Vorsitzenden gewählt.

Die Fußballabteilung vom GSV Herford zog 1950 die Schüler der Bielefelder Berufsschule an sich, weshalb es zu viel Spannung kam. Nach Auflösung der Herforder Fußballabteilung versuchten die Berufsschüler in den Jahren 1953 – 1955 sich im Bielefelder Gehörlosen-Sportverein zu sammeln, doch der Vorsitzende Oskar Punschke wollte von Fußball nichts wissen. So kam es erneut, dass die Bielefelder Fußballbegeisterten nach 1955 mit den Gehörlosen Sportfreunden Rheda (gegr. 1951, heute GSC Wiedenbrück) dort eine Fußballabteilung entstehen ließen.

1955 Die Tischtennisabteilung wurde gegründet.

1957 Das 45. Stiftungsfest wurde vom 8. bis 15. September mit den Gesamtdeutschen Gehörlosen-Schachmeisterschaften (mit Ostdeutschen), mit dem Schachmannschaftskampf Liverpool – Bielefeld und mit dem Tag der gehörlosen Läufer durchgeführt.

1958 sprang Hermann Punschke für seinen Bruder, der nach Essen wegzog, ein. Leider war seine Amtszeit kurz, da er wegen Heirat nach Solingen auch wegzog.

1959 übernahm Hermann Varnholt den Vereinsvorsitz, den er nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen wieder abgab.

1960 Die Gehörlosenschule in Bielefeld entstand, und der Verein gewann dadurch starken Jugendnachwuchs.

1961 nahm Wilhelm Fischer zum dritten Mal den Posten als 1. Vorsitzenden an.

Nach dem Krieg fand das bisher sehr beliebte Geräteturnen im Verein nur noch wenig Interesse. Neue Hallensportarten fanden immer größeren Zulauf. Überall entstanden maßgerechte Sporthallen. Bisher gab es nur kleine Turnhallen.

Der Gehörlosen-Turnverein wurde in Bielefelder Gehörlosen-Sportverein gegr. 1912 umbenannt.

1964 übernahm Oskar Kienitz zum 3. Mal die Vereinsspitze.

1965 Die Handballabteilung wurde nach circa 30 Jahren neu belebt.

1968 Manfred Dröge übernahm den Vorsitz. Am 14. Oktober 1972 fand das 60-jährige Stiftungsfest mit internationalem Hallenhandballturnier und Jubiläumsfeier in der Gaststätte Fichtenhof statt.

1973 Die Fußballabteilung wurde wieder neu belebt, ebenfalls nach etwa 30 Jahren.

1975 entstand die Volleyballabteilung sowohl für Herren als auch für Damen.

1976 bis 1986 holten einige Skibegeisterte einige Erfolge bei den Gehörlosen -Skimeisterschaften. Jedoch kam es nicht zu einer Gründung der Skisport-Abteilung.

1978 wurde Manfred Wolter zum Vereinsvorsitzenden gewählt.

1979 gründeten nun auch die älteren Damen eine Kegelgruppe, „Immer Lustig“ genannt. Der Verein erreichte erstmalig die Mitgliederzahl von 100.

1980 wurde zum ersten Mal eine Damen-Fußballmannschaft aufgestellt.

1981 sprang zum 2. Mal Walter Kreft als 1. Vereinsvorsitzenderein, weil kein anderer den Posten annehmen wollte. Im gleichen Jahr zog der Gehörlosen-Sportverein mit vier anderen Bielefelder Gehörlosen-Vereinen in das neu eröffnete Hörgeschädigtenzentrum (ehemaliges Internatsgebäude der Gehörlosenschule) ein. Es wurde gerne auch Clubheim genannt. Es folgte die Gründung einer Jugend-Fußballmannschaft.

1982 bemühte man sich um die Gründung einer Tennisabteilung, die sich aber nicht lange bewährte.

Am 10. April 1982 wurde ein internationales Osterjubiläumsfest mit Fußball- (Herren u. Jugend), Hallenhandball- (Herren), Volleyball- (Damen) sowie Kegel- (Damen u. Herren) Turnier und einem großem Osterjubiläumsball anlässlich des 70-jährigen Bestehens durchgeführt.

Ende 1983 wurde erstmals eine Vereinssatzung erstellt, wegen der Möglichkeit zum Empfang von steuerlich berücksichtigungsfähigen Spendengeldern. Damit wurde der Gehörlosen-Sportverein ein eingetragener Verein. Der Vereinsname bekam den Zusatz e.V..

1985 bis heute, schon seit 28 Jahren, hat Hans-Peter Heinrich den Posten des 1. Vorsitzenden inne.

1986 wurde aus der Kanu-Gruppe der Gehörlosenschule die Kanu-Abteilung des Vereins. Der Kanusport wird heute mehr freizeitmäßig betrieben.

1987 wurde das 75. Jubiläum am 1. und 2. Mai mit internationalen Feldfußball- (Herren), Hallenfußball- (Jugend), Hallenhandball- (Herren) und Volleyball- (Damen u. Herren) Turnieren und großem Jubiläumsball begangen.

1990 wurde einer Namenserweiterung zugestimmt: Gehörlosen- Sportverein Bielefeld von 1912 und Ostwestfalen-Lippe e.V..

1991 wurde die Mutter-Kind-Gruppe ins Leben gerufen, die

sich ein paar Jahre später „Kükenclub“ nannte. Selbstverständlich sind die Väter dabei.

1992 fanden sich mehrere älter gewordene Fußballspieler zu einer Senioren-  Mannschaft zusammen. Das 80-jährige Bestehen wurde am 1. und 2. Mai 1992 mit internationalen Kleinfeldfußball- (Damen u. Herren), Hallenhandball- (Herren) und Volleyball- (Mixed) Turnieren sowie mit großem Jubiläumsball gefeiert.

1994 entstand die Badminton-Abteilung, die bis 2004 aktiv war und seitdem nur als Freizeitaktivitäten genutzt.

1995 konnten genügend Interessenten für die Gründung einer Herren- und einer Damen-Basketballmannschaft gefunden werden.

1997 feierte der GSV am 3. Mai sein 85-jähriges Jubiläum mit internationalen Turnieren, diesmal mit neueren Sportarten: Badminton (Damen- u. Herren-Doppel), Basketball (Damen u. Herren) und Hallenfußball (Damen u. Herren). Am Abend fand ein großer Jubiläumsball statt.

1998 wurde der außergewöhnliche Wunsch nach einer Motorsport- Abteilung erfüllt, die nur drei Jahre bestand.

1999 Die Mitgliederzahl von 200 wurde überschritten.

2002 wünschten sich die nicht mehr sportaktiven Damen eine Frauengruppe, die gleich den Namen „Hühnerstall“ bekam und seitdem schöne gemeinsame Freizeitaktionen unternimmt. Der GSV feierte das 90-jährige Bestehen am Ostersamstag,  den 30. März 2002, mit internationalen Hallenhandball- (Herren), Basketball- (Mixed), Hallenfußball- (Herren, Damen u. Jugend) sowie Badminton-Turnieren (Herren, Damen u. Mixed), anschließend wie immer ein großer Jubiläumsball.

2003 wurde die Idee, eine Gehörlosen-Golfgruppe zu bilden, verwirklicht.

2005 gesellte sich die Dart-Abteilung dazu bis zum Jahr 2008 und ist seit 2013 wieder aktiv.

2007 Das 95. Jubiläum wurde am 9. Juni mit internationalen Hallenhandball- (Herren) und Kleinfeldfußball-Turnieren(Damen, Herren u. Altherren) und einer Feier in kleinerem Rahmen gefeiert.

2009 wurde nur einmal für den GSV bei einem Nordic- Walking- Wettbewerb gestartet.

2010 Die verschollen geglaubten alten Protokolle von 1912 – 1948 wurden beim Landesarchiv in Detmold wieder aufgefunden.

2012 feiert der GSV seinen 100. Geburtstag mit einem umfangreiches Sport- und Kulturprogramm. Mit Stolz kann der Verein auf seine zahllosen Wettkampfsiege zurückblicken. Im Souterrain des Hörgeschädigtenzentrums befinden sich in einem eigenen Raum einige hundert Pokale, die an Siege bei regionalen, überregionalen, bundesdeutschen, europäischen, olympischen und Weltmeisterschaftswettkämpfen erinnern.

Aktuell werden folgende Vereinsaktivitäten angeboten:

Fußball (Jugend, Damen, Herren und Altherren), Golf, Basketball, das Familientreffen „Küken- und Kidsclub“, die Jugendabteilung, die Frauengruppe „Hühnerstall“ und die Damen- Kegel-Freizeitgruppe „Immer Lustig“. Außerdem gibt es gelegentliche Info-Veranstaltungen und Weiterbildungskurse zu wissenswertige Themen wie Vereinsbuchführung, Computertechnik, Ernährung usw.